Lothar Kemener

Lothar Kemener

* 03.11.1942 in Oberhausen
† 04.03.2020 in Sankt Augustin
Erstellt von Helgrid Prins
Angelegt am 30.03.2020
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Kondolenzen (4)

Sie können das Kondolenzbuch nutzen, um den Angehörigen Ihr Beileid zu bekunden, Ihrer eigenen Trauer Ausdruck zu verleihen oder um dem Verstorbenen einige letzte Worte des Abschieds mitzugeben.

Kondolenz

Brief an Lothar

24.04.2020 um 18:27 Uhr von Ekkehard Beck


Lieber Lothar,

wie rätselhaft das Schicksal manchmal seinen Lauf nimmt!

Wir hatten uns so darauf gefreut, Dich und die anderen Oberhausener im Mai in Regensburg
wiederzusehen und ein paar fröhliche, entspannte und interessante Stunden miteinander zu verbringen. Stattdessen müssen wir Dich zu Grabe tragen – und selbst das können wir nur in Gedanken an Dich und Deine Liebsten tun, weil uns die Coronaseuche am Reisen hindert.

Aber umso stärker werden unsere Gedanken bei Dir sein.

Seitdem mich die Nachricht von Deinem schrecklichen Unfall und Deinem Tod erreicht hat, laufen unzählige Bilder durch mein Gedächtnis, die unsere gemeinsame Geschichte erzählen. Eine Geschichte, die unserer Jugend, ja die erste Hälfte unseres Lebens umfasst und geprägt hat.

Wir haben uns in der Sexta kennengelernt, haben den Schulweg gemeinsam zurückgelegt, sind Freunde geworden und haben nachmittags oft und oft zusammen gespielt. In der Schule haben wir 9 Jahre nebeneinander gesessen, in Klassenarbeiten haben wir uns gegenseitig „geholfen“. Ich habe vor allem von Deinen Mathematikkenntnissen profitiert. Auf dem Schulweg hast Du meine ständigen Fragen, warum etwas so oder so zu rechnen sei, lange geduldig beantwortet. Aber eines Tages hast Du gesagt: “Frag nicht immer warum, mach einfach!“ Und, tatsächlich: Das hat mir geholfen!

1959/60 sind wir zusammen mit Udo nach England gefahren; Das war danach noch ein Abenteuer mit ständigen Passkontrollen an jeder Grenze. Die Reise war dann eine wunderbare Mischung aus Englischlernen, Schulferien und Badeurlaub (Torquay, Rock End).

Ein weiteres unvergessliches Erlebnis war dann die Schulfahrt nach Griechenland mit den Versetzungszeugnissen zur Oberprima auf der Akropolis und der Traumreise durch das antike Hellas. Und die erste Bekanntschaft mit Ouzo und Schwimmen am Kap Sounion.

Nach dem Abitur kamen die gemeinsamen Urlaubstouren mit Elmar und Jürgen (Italien, Frankreich), mit Karl und Elmar nach Spanien, später nach Frankreich mit Jochen, Karl und Jürgen.

Die erste Fahrt ging in einem Rutsch von Oberhausen über die Großglockner-Straße bis Genua und durch Genua bei Nacht hindurch. Dann waren wir alle fertig und wollten nur noch schlafen. Schlafsäcke raus und ins Gras gelegt! Alles dunkel! Wir wussten nicht, wo wir waren. Dann plötzlich : Ganz nahe läuteten Kirchenglocken. Wir lagen auf dem Rasen vor der Kirche! Wie peinlich! Wir packten unsere Sachen zusammen und suchten den Campingplatz.

Arenzano war der Ort, an dem wir unsere ersten italienischen Erfahrungen machten. Mit dem Schlager „Sapore di sale“ und holpriger Kommunikation mit Hilfe von Latein.

In Spanien haben wir Benidorm noch als kleines Dorf mit riesigen Stränden erlebt, auch wenn die Hotelburgen schon immer näher rückten. Und Frankreichs Atlantikküste war großartig. In La Rochelle haben wir in einer Hafenkneipe den schottischen Skipper kennengelernt, der, wie wir, froh war, sich auf Englisch unterhalten zu können. Nach Kneipenschluss hat er uns noch auf sein Schiff mit großen Whiskyvorräten eingeladen, Gegen Morgen wollte er uns zeigen, wie man am besten auf die Kaimauer kommt und stürzte prompt in den Hafen. Mit vereinten Kräften haben wir ihn wieder hochgezogen.

Vieles fällt mir jetzt wieder ein. Nach ein paar „Wanderjahren“ haben wir uns dann in Bonn wieder getroffen. Mit so manchem Abend im „Bitchen“.

Aber nun begann für jeden von uns die Berufsaufbauphase, jeder war mit sich beschäftigt. Doch der Wunsch, die alten Verbindungen zu bewahren, war stark in uns allen verankert.

Jahre später

Und Du, lieber Lothar, hast die Initiative ergriffen und erste Klassentreffen in Oberhausen organisiert. Die schönste Erfahrung dabei war: Wir konnten so miteinander reden, als wären wir nie auseinandergegangen.. Und es waren keine Nostalgie-Trips à la Feuerzangenbowle sondern Gespräche zwischen Freunden, die sich freuten, sich wiederzusehen, offen, vertrauensvoll, witzig, humorvoll und, wenn nötig, mitfühlend. Dabei hat Deine ruhige, besonnene zugewandte aber auch zupackende Art immer für uns und mit uns gearbeitet.

Das letzte Treffen an dem WIR uns gesehen haben, (2019 konnte ich nicht dabeisein) fand in Leipzig statt. Ich lege Dir ein paar Bilder in den Brief, die zeigen, wie entspannt und entspannend es war, mit den Jungs zusammenzukommen.

Unsere Geburtstagstelefonate am 3. und 8.November sind nun leider auch Geschichte. Sie werden mir fehlen. Im letzten Jahr haben wir dabei das Treffen in Regensburg verabredet. Nach der bitteren Nachricht von Deinem Tode habe ich alles storniert.

Cicero hat in seiner Schrift „Laelius – oder über die Freundschaft“ gesagt, dass ein Freund ein Mensch ist, mit dem man so sprechen kann, als spräche man mit sich selbst – frei und unverfälscht. Und dadurch verstehe man sich selbst und die Welt um sich herum besser. Ein solcher Mensch warst Du für mich, und gerne hätte ich dich noch viele Jahre getroffen und gesprochen. Du kannst sicher sein, dass Du immer in meinen Gedanken sein wirst. Das nächste Klassentreffen wird mit Trauer durchsetzt sein.

Herzlichst
Dein Ekki

Kondolenz

Mein Schwager Lothar

20.04.2020 um 11:03 Uhr von Wilfried Prins

Ich habe einen liebgewonnen Menschen verloren. In all seiner Korrektheit, seiner Aufrichtigkeit, seinem Humor war er mir stets ein Vorbild - ein Anker auch in unruhigen Zeiten. Ich bin traurig.

Kondolenz

Abschiedsrede des Sohnemanns

19.04.2020 um 18:37 Uhr von Olaf Kemener

Wie stellt man sich den perfekten Vater vor?

  • er stellt sich den eigenen Träumen und Hobbys nicht in den Weg

  • er unternimmt viel mit seinen Kindern

  • er fordert seine Kinder

  • er hilft ihnen, wenn sie etwas nicht schaffen

  • er ist ist immer da, wenn man ihn braucht

 

Genau so ein Vater war Papa.

 

Er stellte sich mir nicht in den Weg:

  • In der Mofazeit reparierten meine Freunde und ich täglich unsere Fahrzeuge in der Einfahrt und der Garage.

  • ließ mich sogar mein Auto in seiner Garage über Monate restaurieren.

  • Ich konnte als großer Jugendlicher morgens nach Hause kommen und die Brötchen mit rein bringen. Er hat mich niemals dafür verurteilt.

 

Er unternahm viel mit uns. Nie vergessen werde ich Situationen im Skiurlaub in Engelberg, gemeinsam mit Nessi und Frosti, als wir abends zusammen Aprés Ski machten, Bier tranken und uns unterhielten. Überhaupt war ich gerne mit Papa im Skiurlaub. Er forderte zwar immer, war nie faul. Aber wir machten auch schöne Mittagspausen. Ich musste damals viele Skikurse besuchen, aber heute bin ich dankbar dafür.

 

Beim Klavierspiel war er auch fordernd: „Hör mal auf zu klimpern und üb mal lieber.“ Das ärgerte mich manchmal und so hörte ich direkt auf zu spielen, wenn er von der Arbeit kam. Über mein Ständchen zum letzten Geburtstag hat er sich aber so gefreut, das entschädigte für alles.

Er war sofort da, wenn man ihn brauchte:

  • Er half mir bei den Hausaufgaben, in Latein manchmal bis zum Ende seiner schier endlosen Geduld.

  • Computerprogramme abtippen, seitenweise... Manchmal saßen wir mehrere Stunden und Tage am Rechner, nachher war aber irgendwo ein Zeichen falsch eingegeben und das Programm lief dadurch nicht. Aber wir haben es zusammen gemacht.

  • Eine Zeitlang schleppte er mich jeden Morgen mit seinem Mercedes an, nur weil mein /8 Mercedes nicht anders ansprang. Dann fuhr er wieder nach Hause und ich zur Berufsschule.

  • Als ich meinen restaurierten Fiat in die Lackierwerkstatt fuhr, schleppte er mich natürlich mit seinem Auto dahin.

  • als ich den Umzug aus der Wohnung ins Haus machte, organisierten wir den kompletten Umzug zu zweit gemütlich über den Zeitraum von mehreren Tagen.

  • Die Steuererklärung... Stunden gemeinsam vor dem Rechner. Was würde ich heute dafür geben.

  • Heckenschnitt im Garten, Anhänger leihen, Kinder betreuen, Katze hüten im Urlaub... Papa war sofort gerne dabei und das tat mir gut. Ihn im Hintergrund zu wissen, wird mir fehlen und ich kann mir das Gefühl noch nicht einmal ansatzweise vorstellen.

Oder als ich Papa mal fragte, ob er abends vorbeikommen möge, die Kinder seien im Bett, Dagi unterwegs. Er kam gerne, wir setzten uns in den Wintergarten und quatschten und tranken zusammen ne Flasche Wein. Ein toller Abend. Leider war das das einzige Mal, dass wir das taten.

 

Lieber Papa, ich wünsche Dir eine gute Reise und sei Dir sicher, dass Du mir als super Vorbild dienst. Wenn ich meinen Vater-Job nur halb so gut wie Du mache, bin ich schon zufrieden.

Kondolenz

Abschiedsbrief

19.04.2020 um 10:20 Uhr von Helgrid Prins

Mein Lolla!

Bisher war es üblich und wurde schließlich selbstverständlich, dass Du Dich bei besonderen Anlässen und außergewöhnlichen Familienfeiern erhoben und den Gefeierten mit Worten gewürdigt hast, oft sogar in wohlklingendem Versmaß.

Heute, wo Du im Mittelpunkt stehst, übernehme ich für Dich Deine Rolle.
Wenn ich egoistisch denke und fühle, tue ich mir unendlich leid, weil ich mit Dir den letzten Menschen verliere, der mich mein Leben lang gekannt hat.
Du warst mir im besten Sinne immer „mein großer Bruder“, der mir geholfen, auf mich aufgepasst und mich beschützt hat. Als Zweijähriger hat das noch nicht so geklappt, damals im Krieg in Leipzig, als du vor der Rote-Kreuz-Baracke auf mich Acht geben solltest. Da hast Du keinen Finger gerührt, als die fremde Frau mich im Kinderwagen einfach mitgenommen und entführt hat.
Allmählich bist du in die Rolle des „großen Bruders“ hineingewachsen, hattest mich immer, ob lästig oder nicht, im Schlepptau. Du warst der Vernünftige, wurdest mir immer als Vorbild hingestellt, als klüger, als fleißiger, als ordentlicher als strukturierter als ich. So habe ich immer zu Dir aufgeschaut.
Später haben wir unsere unbeschwerte Jugendzeit auf Augenhöhe und eng miteinander erlebt. Wir waren einander sehr vertraut, hatten unsere gemeinsamen Geheimnisse vor den Eltern, hatten gemeinsame Interessen und gemeinsame Freunde. Nach wie vor warst Du mein Bodyguard. Nur in Deiner Begleitung haben mir unsere Eltern erlaubt, zum Tanzen, in Kneipen, auf zu Partys zu gehen, sogar bis 22Uhr. Der große Bruder war ja dabei.
Mit dem Erwachsenwerden trennten sich unsere Wege, jeder schlug seine eigene Richtung ein. Zwangsläufig vergrößerte sich die räumliche Distanz, aber im Herzen, ganz innen drin, hielt uns ein festes Band zusammen. Das weiß ich, auch wenn Du nie viel Worte darum gemacht hast.
Nun musstest Du das Band loslassen.
Ich bin traurig, weil Dein Lebensweg so abrupt weggebrochen ist.
Ich trauere um Dich, um uns.

Weg vom egoistischen Verlustgedanken und hingewendet zu Dir, zu Deinem Tod, so muss ich sagen: Ich bin in Deinem Sinne nicht verzweifelt unglücklich darüber.
Denn wenn wir es recht bedenken, so haben wir eigentlich keine Angst vor dem Tod, Du sicher auch nicht.
Wir haben Angst, im Alter abzubauen, Angst vor körperlichen und geistigen Gebrechen. Angst vor der Abhängigkeit von anderen.
Wir haben Angst, dass wir unserer Selbstbestimmung und unserer Würde beraubt werden.
Du hast diese Angst bestimmt auch gespürt. Deshalb hast Du fast täglich was unternommen, Sport getrieben, um fit und gesund zu bleiben bis.... ja, bis in den Tod.
Das hast Du geschafft, Bruder, Dir wurde ein langer, vielleicht quälender Leidensweg und Sterbeprozess erspart. Nach 77 Jahren von einer Sekunde auf die andere aus dem Leben gerissen - eine Gnade.

Deine Helli